Stachlige Weihnachten
Nägel, Holzstücke, Zahnräder, Metallstäbe… Die diesjährige Weihnachtskrippe der Bahnhofkirche ist u.a. aus solchen Bestandteilen zusammengesetzt.
Und plötzlich ein Gedankenblitz: Das ist ja fast, als ob hier, wo die Geburt Jesu dargestellt ist, versteckt schon auf seinen Tod hingewiesen würde! Mit Nägeln wird Jesus an das Holz des Kreuzes geschlagen. Und die Zahnräder, die hier Sterne darstellen – können sie nicht auch an die Dornenkrone erinnern, die Jesus aufgesetzt wurde? Die Metallstäbe kann man dann als Lanzen deuten. Mit so einer wurde dem Gekreuzigten in die Seite gestochen.
Es gehört ja zur christlichen Tradition, die Werkzeuge, die zu Jesu Hinrichtung benutzt wurden, künstlerisch wiederzugeben (siehe Bild unten).
Wenn ich diesen Gedankenblitz ernst nehme, dann verstärkt sich eine Aussage dieser Krippe: Gott hat sich in der Menschwerdung das Armselige, das Verrostete des Lebens ausgesucht, nicht nur in der Geburt Jesu, sondern bis ans Ende. Gott hat sich nicht Macht und Reichtum gewählt, sondern Ohnmacht, Schmerz und einen gewaltsamen Tod.
Das ist allerdings kein neuer Gedanke. Aber wahrscheinlich muss man ihn immer neu aussprechen. Denn auch dank ihm sind Kirchen bereit, sich in Gefängnissen, Bundesasylzentren und anderen Randbereichen der Gesellschaft zu engagieren. Und dank ihm müssen sich Kirchen auch selbst befragen, wie sie mit Macht und Einfluss umgehen.
Ja, es ist gut, wenn Weihnachten auch stachlig, rostig und spitzig ist und ein bisschen weh tut.
Abbildungen: Oben: Krippe von CIRO (Roberto Cipollone). Foto : Bahnhofkirche Zürich. Unten: Arma Christi (Dornenkrone und Nägel), Bleiglasfenster, Kirche Saint-Jacques-du-Haut-Pas, Paris. Foto: G. Freihalter. https://commons.wikimedia.org