Steinsuppe
In einer Zeit großer Hungersnot begannen die Menschen ihre wenigen Lebenmittel zu horten und sogar vor ihren eigenen Freunden und Nachbarn zu verstecken. Da kam ein Wanderer durch ein Dorf, bat um einen Kessel, den er mit Wasser füllte und auf ein Feuer stellte. «Ich will eine Steinsuppe kochen und euch alle einladen!», sagte er.
Neugierig versammelten sich die Dorfbewohner um den Fremden und schauten zu, wie er einen Stein aus seiner Tasche holte und ihn vorsichtig in das Wasser legte. Als der Stein eine Weile im Wasser gekocht hatte, nahm er einen Löffel und schmeckte die Suppe ab. «Mmh! Ich liebe Steinsuppe. Aber ohne Salz schmeckt sie einfach nicht!» Da ging eine Frau in ihr Haus zurück und holte das fehlende Salz, um es in die Suppe zu geben.
«Wunderbar!», entgegnete der Wanderer. «Und wie köstlich die Steinsuppe erst mit etwas Kohl darin schmecken wird, könnt ihr euch gar nicht vorstellen!» Sogleich ging ein anderer Dorfbewohner und brachte aus seinem Versteck einen Kohlkopf mit. Und in gleicher Weise ging es weiter mit dem Speck, den Kartoffeln, den Möhren, den Zwiebeln, den Pilzen und vielem mehr, bis eine köstliche Mahlzeit für alle Dorfbewohner zubereitet war.
Seinen «magischen» Stein nahm der Wanderer wieder mit. Und selbst als die Hungersnot vorüber war, dachten die Menschen in jenem Dorf noch lange an die beste Suppe, die sie jemals gegessen hatten.
Aus Osteuropa