Umschlossen
In der biblischen Erzählung vom Paradies sind die Menschen nackt. Und erst in dem Moment, in dem sie vom Baum der Erkenntnis essen, werden sie sich dieser Nacktheit bewusst. Die Scham ist da! Sie fallen sozusagen aus dem unschuldigen Kindheitszustand heraus in die Wirklichkeit dieser Welt – jenseits von Eden. In der Welt aber – so erzählt der Bibeltext dann – gibt es Schmerzen, Gewalt, Mühsal und den Tod. Hier ist der Mensch ausgesetzt. Er wird schutzbedürftig. Deshalb erhält er von Gott Kleider aus Fell. Die Zeit der seligen, ungefährdeten Nacktheit ist vorbei.
Diese Gedanken kommen mir, während ich die Kunstinstallation …hinter den Wolken… betrachte, die noch bis am 29. Oktober im Raum der Stille der Bahnhofkirche zu sehen ist.
Das Kunstwerk besteht nämlich unter anderem aus einer Rettungsfolie, die vor einer Wand aufgehängt ist und das Licht eines Spots an die Decke des Raumes wirft und zum Tanzen bringt.
Rettungsfolien werden benutzt, um verunfallte oder anderweitig schutzlose Menschen vor Kälte oder Hitze zu schützen. Die Folie wird ihnen wie ein Mantel umgelegt.
Auch da geht es um unsere Schutzbedürftigkeit.
In der biblischen Tradition gibt es eine Vielzahl von Sprachbildern, die von Gott als schützender, bergender Instanz erzählen.
Zum Beispiel so:
„Hinten und vorne hältst du mich umschlossen, und deine Hand hast du auf mich gelegt.“ (Psalm 139, Vers 5)
Die Finissage der Kunstinstallation findet am Dienstag, 29. Oktober um 17.00 Uhr statt.
Anmeldungen bitte bis am 21.10. auf: info@bahnhofkirche.ch
Abb: Hans Thomann, …hinter den Wolken… , Bahnhofkirche Zürich, 2024. Foto: Bahnhofkirche Zürich