(Un)gelebtes Leben

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Vor wenigen Tagen habe ich einen runden Geburtstag gefeiert. Das ist für mich eine recht emotionale Sache, denn immer dann, wenn ein Jahrzehnt geschafft ist, schaue ich besonders intensiv zurück und ziehe ein Resümee, wie das letzte Dezennium gelaufen ist. Und bei jedem runden Geburtstag wächst das Gefühl, dass die Optionen, die mir das Leben bietet, weniger werden und dass ich viele Chancen nicht genutzt habe. Damit bin ich nicht alleine. Viele kennen diese Gedankenspiele: Was wäre gewesen, wenn ich diese oder jene Entscheidung anders getroffen hätte? Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn ich mich in jemand anderen verliebt oder einen anderen Beruf gewählt hätte? Wenn ich in eine andere Stadt gezogen oder in ein anderes Land gegangen wäre? Verbunden damit sind auch die Fragen: Was habe ich womöglich nicht erlebt? Welche Seiten des Lebens verpasse ich? Könnte mein Leben nicht noch aufregender, erfüllter, besser sein?

Es gibt Menschen, die es schmerzt, dass eigene Lebenswünsche und ihr tatsächlich gelebtes Leben weit auseinandergehen. Und vielleicht kommt noch das Gefühl dazu, dass die Lebenszeit unaufhaltsam abläuft und mit ihr die Verheissungen des Möglichen. Doch machen wir uns bewusst: Jede Entscheidung, die ich im Leben treffe, jeden Weg, den ich einschlage, lässt ungelebtes Leben zurück. Ungelebtes Leben gehört zu jeder Biographie dazu. Deshalb gilt es doch, den eigenen Lebensweg liebevoll anzunehmen und eine dankbare Haltung zu haben für die guten Dinge, die man erleben durfte. Vielleicht gelingt es auch, im (Gott-)Vertrauen weiterzugehen, so wie es der Psalmbeter uns Menschen ans Herz legt: «Befiehl dem HERRN dein Leben an und vertraue auf ihn, er wird es richtig machen.» (Ps 37,5)