Verbindende Dinge
Vermutlich haben Sie daheim Gegenstände, die für Sie von besonderer Bedeutung sind, auch wenn diese keinen hohen Materialwert oder praktischen Nutzen besitzen. Mit ihnen sind Erinnerungen an Personen oder wichtige Ereignisse verbunden, und das macht diese Dinge in Ihren Augen so kostbar.
Für den brasilianischen Theologen Leonardo Boff war es ein Zigarettenstummel. Während seines Studiums erhielt Boff 1965 die Nachricht vom Tod seines Vaters. Dem Brief beigelegt war dieser gelbliche Stummel von der letzten Zigarette, die der Vater geraucht hatte, bevor er starb. Kaum stieg dem Studenten der Geruch in die Nase, da wurde ihm der Vater gegenwärtig, der bei jeder Gelegenheit solche Zigaretten gedreht und geraucht hatte. Dem Stummel gelang es, etwas vom verstorbenen Vater in die Gegenwart zu holen.
Die Erinnerung mit Hilfe von Gegenständen wird in den Kirchen schon seit früher Zeit gepflegt. Am heutigen Fest der Kreuzerhöhung steht das Holz, an dem Jesus Christus den Tod erlitt, im Zentrum. Es soll im 4. Jahrhundert von der Kaisermutter Helena gefunden worden sein, im 7. Jahrhundert dann nach Persien verschleppt und – nachdem es zurückgekommen war – auf viele Orte der Christenheit verteilt worden sein.
Die Beschäftigung mit dem Fest löst etwas in mir aus. Dieses Holz, dem Menschen seit bald zwanzig Jahrhunderten so sehr Sorge tragen, macht mir Jesus als Person irgendwie sehr greifbar: wie er am See Fischer begeistert, mit Männern und Frauen isst und feiert, Kranke und Leidende heilt, Missstände aufdeckt und vor Todesdrohungen nicht zurückweicht. Dafür soll Kirche doch da sein: sich stets neu damit zu verbinden, was Jesus vorgelebt hat, und auf diese Weise etwas von ihm in die Gegenwart zu holen.