Von innen heraus
Morgen wird die Wandskulptur «Und mittendrin ist Licht» des Künstlers Adrian Bütikofer zum letzten Mal in der Bahnhofkirche zu sehen sein. Über drei Monate hinweg war sie ein Bestandteil des Raums der Stille und hat wohl manche Besucherin und manchen Besucher zum Betrachten und Nachsinnen angeregt. Für mich gehörte sie auch zum Ablauf meines Arbeitsalltags: Abends nahm ich die akkubetriebenen Strahler für das Kunstwerk ab, um sie wieder aufzuladen, morgens vor dem Öffnen der Bahnhofkirche brachte ich diese wieder an, und mit Hilfe einer Anwendung auf meinem Smartphone aktivierte ich das Pulsieren des Lichts im Zentrum jeweils wieder.
Das dynamische Leuchten wurde für mich zu einem wesentlichen Bestandteil der Skulptur, liess sie irgendwie beseelt und lebendig erscheinen. Das Innere, insbesondere die Rückwand, des Hohlraums ist vergoldet, und das trägt bestimmt zu diesem Eindruck bei.
Das hebräische Wort für Seele lautet «Näfäsch» und bedeutet zugleich Lebensprinzip, das lebendig Machende, das eine Gottesgabe ist und ein Ausdruck seines schöpferischen Wesens selbst.
Daran erinnert mich das sanft pulsierende Leuchten inmitten der Holzskulptur. Es schenkt mir einen anderen Blick auf die Menschen, auf alle Geschöpfe dieser Welt. Der heilige Augustinus hat es so ausgedrückt, dass Gott «mir innerlicher als mein Innerstes» ist. Die göttliche Macht kommt nicht von aussen, zwingt sich nicht auf. Gott wirkt von innen heraus. Dies gibt jeder Person und allem, was von ihm geschaffen wurde, eine unbeschreiblich hohe Würde und verwandelt alles, insofern wir bereit sind, es zu sehen und danach zu handeln.