Vorfreude
Jedes Jahr zur gleichen Zeit -so ab Mitte August- freue ich mich schon auf Vermicelles. Einige Confiserien haben bereits pünktlich zum 1. September die kleinen Desserts, die ich am liebsten täglich vom Spätsommer bis zum nächsten Frühjahr verspeisen würde. Manchmal muss ich mich aber auch noch ein paar Tage gedulden, bis meine Vorfreude auch wirklich in Erfüllung geht.
«Freut euch im Herrn allezeit! Nochmals will ich es sagen: Freut euch!» (Philipper 4,4), so schreibt Paulus an die Gemeinde in Philippi. Er und seine Mitchristinnen und Mitchristen waren voller Vorfreude. Sie waren fest davon überzeugt, dass der in den Himmel aufgefahrene Christus noch zu Lebzeiten wiederkommen würde. Allerdings mussten sie damit umgehen lernen, dass sich Jesus damit noch etwas Zeit lässt. Bis heute warten so manche Jesusnachfolger*innen mal mehr mal weniger (un)geduldig. Paulus ruft die Gemeinde mit Nachdruck zur Freude auf. Er bestärkt sie in ihrer Vorfreude auf die Rückkehr Jesu. Spüren wir heutzutage noch etwas von dieser Vorfreude – auch angesichts der Lage in unserer Welt?
Es ist der letzte Tag im August. Ob ich in meiner toggenburg’schen Confiserie bereits morgen mein Lieblingsdessert kosten darf? Wird meine Vorfreude schon morgen in Erfüllung gehen oder muss ich mich noch etwas gedulden? Ehrlich gesagt kann ich es kaum erwarten. So oder so: Es wird in Erfüllung gehen! Freude herrscht.
So ähnlich stelle ich mir die Vorfreude der Urchristenheit vor. Ist davon noch etwas in unseren Kirchen spürbar? Ich wünschte mir für unsere Kirchen ein wenig mehr (Vor-)Freude. Ein bisschen mehr Spannung. Ein wenig mehr Faszination. Mehr Hoffnung! Etwas mehr Geduld und Ungeduld gleichzeitig.