Weisheit des Narren

In der an der Seidenstrasse gelegenen usbekischen Stadt Buchara, sie gilt nicht nur als eine der schönsten, sondern mit ihren 300 Moscheen auch als die heiligste aller Städte Zentralasiens, steht mitten im Stadtpark die Statue des allseits hochverehrten, auf einem Esel reitenden weisen Narren Hodschra Nasreddin. Von der Türkei bis an die Grenzen Chinas ranken sich unzählige Geschichten rund um diesen Till Eulenspiegel des Orients. Unter anderen auch die folgende:

In einem kleinen Dorf lebte einst der närrische Weise Hodschra Nasreddin. Eines Tages beschloss er, seinen Nachbarn eine Lektion in Herzensgüte zu erteilen. Nasreddin besass einen Esel, den er über alles liebte. Eines Morgens bemerkte er, dass dieser nicht mehr da war. Er fragte die Dorfbewohner: «Wer hat meinen Esel gesehen?» Kein Echo. Nun liess er im Dorf verkünden, dass jeder, der ihm einen Hinweis auf den Verbleib seines Esels geben könne, mit einem grosszügigen Finderlohn rechnen dürfe.

Die Bewohner begannen zu spekulieren. Einige behaupteten, den Esel in der benachbarten Stadt gesichtet zu haben, andere wähnten ihn in den Bergen. Schliesslich trat ein mutiger Junge vor und sagte: «Hodschra, ich werde dir helfen, deinen Esel zu finden, will dafür aber keine Belohnung.» Nasreddin war etwas überrascht, willigte aber ein. Zusammen machten sie sich auf den Weg und durchstreiften die Gegend. Nach mehreren Stunden fanden sie den Esel friedlich trinkend an einem Fluss. Nasreddin war überglücklich. Auf dem Rückweg sagte er zum Jungen: «Ich bin beeindruckt von deinem Mut und deiner Hilfsbereitschaft! Was kann ich dir dafür geben?» Der Junge lächelte und antwortete: «Nichts, Hodschra nichts! Die Freude, dir zu helfen, ist mir Belohnung genug.

Daraufhin eröffnete Nasreddin dem Jungen folgende Weisheit: «Wahre Grösse und Belohnung kommen nicht von materiellen Dingen, sondern von der Güte des Herzens».

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