Wenn wir nicht miteinander reden, fangen wir an, uns zu hassen
Zum noch jungen Jahr möchte ich Ihnen eine Ermutigung auf den Weg geben. Und zwar in der Gestalt von Diane Foley. Sie ist die Mutter des Journalisten James Foley, der 2014 in Syrien von einem IS-Terroristen vor laufender Kamera enthauptet wurde. Dies nach zwei Jahren Geiselhaft, in der er auch gefoltert wurde.
In einem Interview, das Diane Foley kürzlich gegeben hat, schildert sie eindrücklich, wie sie trotz dieser schrecklichen Erfahrungen ein hoffnungsvoller und liebender Mensch geblieben ist.
Unter anderem hat sie den Mörder ihres Sohnes dreimal im Gefängnis besucht und sagt, dass sie ihm vergeben habe. Sie hat sogar Mitgefühl für ihn, dass er in seinem jungen Leben dahin gekommen ist, solche Taten zu begehen. Sie kann sagen: «Ich sollte zumindest versuchen, zu vergeben (…) Menschen sind gemein zueinander. Aber wie wir damit umgehen, ist unsere Entscheidung.»
Auf die Frage, weshalb sie den Mörder besucht hat, verharmlost sie nichts. Es trifft sie, dass er sich zwar bei ihr für den Schmerz, den er ihr zugefügt hat, entschuldigt hat, aber nie für den Mord selbst. Aber sie sagt auch: „Wenn wir nicht miteinander reden, fangen wir an (…) uns zu hassen (…). Wir Menschen müssen miteinander sprechen und diese Gespräche hatten etwas Heilendes.»
Gefragt, ob sie noch an das Gute im Menschen glauben könne, antwortet sie, sie habe die Erfahrung gemacht, dass einem sehr viele Menschen helfen und beistehen, wenn man etwas so Schreckliches erlebe. «Hoffnung ist der Schlüssel. Man sollte immer hoffen, dass das Gute gewinnt.»
Diane Foley ist gläubige Christin. Es ermutigt mich, dass der Glaube einen Menschen so durchdringen kann. Und es ist gut, mit solcher Ermutigung ins neue Jahr zu gehen.
Quelle: Mareen Linnartz. «Wo der Hass regiert, verlieren alle“, Interview mit Diane Foley, Süddeutsche Zeitung, 10. Dezember 2024
Abb: Broken Wall, Mick Haupt, Unsplash. https://unsplash.com/de