Würde und Gerechtigkeit
«Die Herren machen das selber, dass ihnen der arme Mann feind wird. Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun. Wie kann es die Länge gut werden? So ich das sage, muss ich aufrührerisch sein.» Empörung über die Ungerechtigkeiten gegen die einfachen Leute, über deren Geringachtung und Ausbeutung kommen uns aus diesen altertümlichen Worten entgegen. Gesprochen hat sie der Theologe, Reformator und Revolutionär Thomas Müntzer. Er spielte eine führende Rolle im deutschen Bauernkrieg und wurde dafür vor genau 500 Jahren enthauptet.
Damals herrschte eine Ständeordnung, in der jeder Person ihre Rolle zugeteilt war. Besitz und Privilegien auf der einen Seite, Unterordnung auf der anderen galten als gottgegeben. Die Reformation und die Heilige Schrift in der Muttersprache stellten diese Sicht in Frage: Sie zeigten den Menschen Jesus, wie er sich den Niedrigen zuwandte und die Gotteskindschaft aller propagierte.
Thomas Müntzer sah sich in einer religiösen Mission, wenn er das niedrige Volk zum Aufstand gegen den Adel und den Klerus aufrief. Er glaubte nicht mehr daran, dass sich eine neue göttliche Ordnung, in der Gleichheit und Gerechtigkeit herrschen, auf friedlichem Wege erreichen liess. Sie mit gewaltsamen Mitteln herbeizuführen, daran ist der streitbare Theologe allerdings gescheitert, wie alle anderen, die dies versuchten.
Gleichwohl haben wir von Müntzer zu lernen: dass wir nicht wegschauen, wenn Menschen unter die Räder kommen, dass wir uns empören, wo Würde und Gerechtigkeit mit Füssen getreten werden, dass wir an der Zuversicht auf ein besseres Miteinander festhalten. Wie kann es auf lange Sicht gut werden? Nicht mittels Gewalt, aber durch mutige Beharrlichkeit, Bereitschaft, alle Seiten zu hören, und das friedvolle Engagement, die Zukunft gemeinsamen zu gestalten.