Wut

Du

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Manchmal bin ich wütend über mich, weil ich wütend bin.
Ich möchte ein ausgeglichener, beherrschter Mensch sein,
den nichts aus dem Geleise wirft.
Du aber nimmst mich mit all meinen Seiten ernst.
Du hast mich als lebendigen Menschen geschaffen,
der traurig und zornig sein kann und sein darf.

Manchmal bin ich nicht wütend, wo ich es sein sollte.
Ich lasse Not und Elend der Welt an mir vorüberrauschen
wie ein Fernsehprogramm.
Ich bin abgestumpft und gleichgültig.
Du aber bist bei den Benachteiligten und Gefolterten,
bei den Opfern des Rechts und der Gewalt,
du bist dort, wo die Kreuze stehen.

Gib meinem Zorn die richtige Richtung,
damit er nicht ausdörrt, sondern befruchtet,
damit er nicht zerstört, sondern aufbaut,
damit er nicht erstarrt, sondern weiterführt.
Nimm mich mit im Fluss deiner Leidenschaft
für unsere gemeinsame Welt.

nach «Du weißt, wer wir sind, Basler Gebetbuch», TVZ-Verlag