Zu Geschichte werden
2018 wurden die berühmt-berüchtigten 68er-Jahre gewürdigt. Ein halbes Jahrhundert war es her, dass die revolutionären Umbrüche die Gesellschaft markant liberalisierten, alt hergebrachte Hierarchien in Frage stellten und neue persönliche Freiheiten ermöglichten. Viele Bücher und Artikel über diese Zeit wurden herausgebracht. Und dies auch von Menschen, die die 68er-Jahre nicht selbst erlebt hatten, sie nur aus mündlichen Berichten und schriftlichen Quellen heraus beurteilten. Natürlich kamen sie teilweise zu anderen Einschätzungen als diejenigen, die damals jung gewesen waren.
Ein Journalist bemerkte, genau dies sei ein Kennzeichen dafür, dass Ereignisse Teil der Geschichte werden: wenn eine Generation die Deutungshoheit über ihre eigene Zeit verliert und eine nächste diese aus Distanz bewertet – und die Folgen dieser Zeit in der eigenen Gegenwart erfährt.
Mich hat die Aussage zum Nachdenken gebracht. Sie bringt auf den Punkt, dass ich als Mensch nichts in der Hand habe und stetig loslassen muss. Auch die Wahrnehmung meiner eigenen Zeit! Sie ist subjektiv, aus meinem Erleben heraus entstanden. Sie „gehört“ mir nicht.
Und ich selber, als Person? Spätestens wenn ich gestorben bin, werden Nachkommen über mich reden und sich ihre Version von mir machen. Nicht mal ich selbst gehöre mir ganz.
Das biblische Predigerbuch sagt mir in seiner zuweilen derben Weisheit:
„Es geht dem Menschen wie dem Vieh: Wie dies stirbt, so stirbt auch er, und sie haben alle einen Odem, und der Mensch hat nichts voraus vor dem Vieh; denn es ist alles eitel. Es fährt alles an einen Ort. Es ist alles aus Staub geworden und wird wieder zu Staub.“ (Prediger 3,19+20)
Gut, wenn ich früh genug lerne, loszulassen und zu sehen, wie relativ ich bin.
Wenn ich aber mich loslasse, gewinne ich Gott, verspricht der Glaube.
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