Der Mensch ist Gottes Meisterwerk
«Der Mensch ist Gottes Meisterwerk, das Ebenbild seines Schöpfers.» Das lehrte voller Gewissheit Kyrill von Jerusalem, der vor genau 1638 Jahren gestorben ist und dessen Gedenktag heute begangen wird.
Obwohl ich weiss, dass Kyrill fest auf biblischem Boden steht, stelle ich mir die Frage, ob ich diesen Satz in ebensolch frommer Überzeugung sagen könnte. Ehrlicherweise? Nein! In mir regt sich Widerspruch. Ein Meisterwerk sollen wir Menschen sein? Wir, die in der Lage sind böse und gemeine Dinge zu tun – ein Ebenbild Gottes? Wir, die einander weh tun, die Kriege führen und die Schöpfung mit Füssen treten? Wäre diese Welt nicht viel besser ohne uns «Meisterwerke» dran?
Vielleicht habe ich Kyrill von Jerusalem auch falsch verstanden. Womöglich meinte er nicht, dass wir als fehlerfreies Meisterwerk geschaffen sind. Er hat sicher auch erlebt, welche Abgründe wir Menschen haben und wie boshaft wir sein können. Aber vielleicht sah er ja gerade darin das Meisterhafte, das Gott vollbringt: Dass er uns – dich und mich – trotzdem als sein Gegenüber ins Leben ruft und dass er uns – dich und mich – trotzdem in unserer Einmaligkeit und Fehlerhaftigkeit ansieht, annimmt und liebt. Und dass er uns – dir und mir – trotz allem einen Gestaltungsauftrag für diese Welt gibt.
Die christliche Anthropologie mit ihrer Vorstellung der Gottebenbildlichkeit mag Vielen heute fremd sein. Und dennoch gibt sie jedem Menschen etwas mit auf den Weg: Sei dir deiner Würde und der Würde der anderen bewusst und mach was draus.