Hinschauen
Am 26. April 1937 – morgen vor 87 Jahren – zerstörten Bomber die baskische Stadt Guernica. Hunderte von Zivilist:innen kamen um. In Spanien tobte der Bürgerkrieg, die junge Republik kämpfte gegen rechtsextreme Putschisten unter General Franco.
Kurz darauf zeigte Pablo Picasso das Gemälde „Guernica“ im spanischen Pavillon der Weltfachausstellung in Paris. Heute hängt es im Museum „Reina Sofia“ in Madrid. Das Foto hier ist eine Reproduktion als Fliesenwandbild in Guernica selbst.
In beklemmender Enge macht es den Horror spürbar: Aufgerissene Münder, ein panisch herumtrampelndes Pferd, Feuer. Anspielungen auf Motive der christlichen Kunst sind zu erkennen: Das Pferd wird von einer Lanze durchstochen und weist eine klaffende Wunde auf. Hinweise auf den am Kreuz leidenden Christus. Die Frau mit dem toten Kind in den Armen erinnert an die Pietà, die Gottesmutter mit dem verstorbenen Jesus. Und das augenförmige Licht an der Decke könnte auf das Auge Gottes verweisen, das alles sieht. Man kann das so deuten: Was hier Menschen und Tieren angetan wird, wird im Letzten dem Gottessohn Christus angetan und steht in fundamentalem Widerspruch zum christlichen Glauben, den Franco zu verteidigen vorgab.
Und nicht nur Gott erscheint als Zeuge. Die Figur, die in der Bildmitte eine Lampe über alles hält, macht deutlich: Was hier geschehen ist, soll ans Licht kommen! Sie ist wie der Aufruf dazu, nicht weg-, sondern hinzusehen.
Picasso und die untergehende Republik haben an der Weltfachausstellung die Blicke der Weltöffentlichkeit auf das Massaker gelenkt. Darum spricht man noch heute davon.
Über die heutigen Kriegsverbrechen wissen wir dank sozialer Medien schneller und besser Bescheid. Und Täter müssen eher mit strafrechtlichen Konsequenzen internationaler Gerichte rechnen. Das sind minime, aber wichtige Fortschritte. Picassos Appell bleibt: Hinschauen!
Abb: Pablo Picasso, Guernica, 1937, Reproduktion als Fliesenwandbild, Gernika, Spanien.
Foto: Jules Verne Times Two / julesvernex2.com / CC-BY-SA-4.0 / https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de. http://julesvernex2.com