Die rettende Gabe

Der heilige Nikolaus wird in Kirchen oft als Bischof abgebildet, der in einer Hand ein Buch hält, auf dem drei goldene Kugeln oder Äpfel liegen. Diese Darstellung geht auf folgende Legende zurück:

Die Mitgiftspende des heiligen Nikolaus. Darstellung im Freiburger Münster; Quelle: Bildarchiv des Erzbischöflichen Ordinariats Freiburg i.Br.

Ein mittelloser Witwer hatte drei Töchter, die ins heiratsfähige Alter gekommen waren. Er war ganz verzweifelt, denn er hatte ihnen keinerlei Mitgift anzubieten, mit der sie hätten einen Bräutigam finden und heiraten können. So sah er keinen anderen Ausweg, als die drei jungen Frauen in die Sklaverei oder – noch schlimmer – in die Prostitution zu verkaufen. Irgendwie erfuhr der noch junge Nikolaus, der damals weder wohlhabend noch Bischof war, von diesem traurigen Vorhaben. Es liess ihm keine Ruhe, und so besorgte er einen Klumpen Gold, schlich des Nachts zur ärmlichen Hütte des Mannes und warf den Klumpen unentdeckt durch das geöffnete Fenster. In den nächsten beiden Nächten machte er es ebenso. In der dritten Nacht aber blieb der Mann wach und entdeckte den Spender dieser Gaben. «Wer bist du?», fragte der Vater, «Dank deiner Grosszügigkeit bleibt meinen Töchtern ein schlimmes Schicksal erspart. Ich danke dir von Herzen für deine rettende Gabe.»

Diese Legende entstand zu einer Zeit, in der die Selbständigkeit junger Frauen vielfach noch unvorstellbar war. Vielleicht hat Nikolaus den drei Töchtern mit seiner Spende ein Stück Selbstbestimmung ermöglicht. Auf jeden Fall bewegte ihn die existenzielle Not junger Menschen immer wieder zum Handeln und zum Weitergeben, was er hatte. Dadurch wurde der Bischof von Myra einer der beliebtesten Heiligen überhaupt. Ihm zum Gedenken entwickelte sich ein reiches Brauchtum, das wir heute noch feiern.