Nicht alleine allein

Auf einer Wanderung komme ich zu einer kleinen Kirche. Die Infotafel lässt mich wissen, dass der Bau um das Jahr 1000 errichtet wurde.

Ich bin allein und setze mich in eine der Bankreihen. Es ist absolut still. Nur von aussen dringt Vogelgezwitscher herein. Von weit her das Brummen eines Rasenmähers.

Die Stille sickert in mich ein. Ich werde ganz ruhig. Einwilligung in den Moment, heiteres Dasein. Ich spüre keinen Druck, jetzt weiterzugehen. Es ist gerade gut so, wie es ist.

Mein Blick schweift umher: Weiss getünchte Mauern, schlicht und fest. Klare, einfache Formen.

Jetzt denke ich daran, wie viele Menschen hier schon gesessen sind wie ich, im Gottesdienst oder im stillen Gebet. Menschen unter völlig anderen Lebensumständen – und doch mit ähnlichen Herausforderungen: Geburt und Taufe, Krankheit, Streit in der Familie, Liebesglück, Hochzeit, Verlust lieber Menschen, Trauer, Angst vor Krieg, dem Tod, Einsamkeit…

So unterschiedlich unsere Hintergründe sind, so verschieden unsere Lösungswege aussehen, so vergleichbar sind wohl unsere Gefühle. Und es berührt mich, dass wir uns auf dieselben Texte aus der Bibel und der christlichen Tradition beziehen, dass wir teilweise dieselben Gebete sprechen und Lieder singen.

Glauben ist in eine Geschichte, in Traditionen, in eine lange Reihe von Vor- und Nachglaubenden eingebunden. Das ist ein Teil seiner Kraft.

Abb: Kirche Einigen, Spiez, Schweiz. Foto: Paebi, Wikimedia Commons. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kirche_Einigen.JPG