Unbekümmert

Es berührt mich jedes Mal aufs Neue, wenn nach der Zeit des Winters die Natur wieder zu erwachen beginnt. So auch vorgestern, als ich am See entlangspazierte und vom steinigen Boden einige zweiblättrige Blausterne zu mir hinaufleuchten sah. Die Blüten dieser frühblühenden Pflanze erscheinen äusserst zart und fein. Trotz der noch ruppigen und wechselhaften Wetterverhältnisse lassen sie sich nicht davon abhalten, aus der Erde zu spriessen und ihre Schönheit zu zeigen.

Zweiblättrige Blausterne

Die Widerstandskraft dieser kleinen Blume erstaunt mich und ist für mich ein Zeichen dafür, wie Gottes Schöpfung jede noch so kleine Möglichkeit nutzt, um ihre Vielfalt und Vitalität zu offenbaren. Die Blausterne warten nicht auf die Bedingungen, die zum Wachsen optimal und gefahrlos wären. Vielmehr lassen sie sich von den ersten Anzeichen locken und halten auch Rückfälle des Wetters standhaft aus.

Die zarten Blümchen machen mir einiges bewusst. Wie oft ertappe ich mich dabei, dass ich mich zurückhalte und nicht das tue, was mir wirklich wichtig ist oder was ich eigentlich will. Erst müssten die Voraussetzungen stimmen, sollte genügend Sicherheit und Kontrolle vorhanden sein, sage ich mir in solchen Momenten. Dabei übersehe ich schnell, was alles bereits in mir vorhanden ist und nur darauf wartet, endlich zum Vorschein zu kommen.

Die unbekümmerten Blausterne strahlen eine Ermunterung aus: Zeige dich mit deinen Fähigkeiten und Werten! Vertraue auf die Lebenskraft in dir und auf die Magie des Anfangs! Bring deine Gaben in die Welt und koste jeden Moment ganz aus! Du wirst nicht ewig blühen und das musst du auch nicht. Im Werden, im Sein und im Vergehen befinden wir alle uns in Gottes Händen. «Sorgt euch nicht um euer Leben» und «lernt von den Lilien des Feldes», so lesen wir in der Bergpredigt. Und das dürfen wir gewiss auch von den zweiblättrigen Blausternen sagen.