Zivilcourage

Ein deutscher Radiosender berichtet jeden Tag über eine gute Sache, die den Zuhörenden Mut machen soll. Gestern ging es um eine Organisation, die sich «Coolrider» nennt. Diese bildet unter dem Motto «hinschauen, wo andere wegschauen» Kinder und Jugendliche als Ehrenamtliche aus, um in öffentlichen Verkehrsmitteln einzugreifen, sollten sie Vandalismus oder übergriffiges Verhalten beobachten.
Ein Junge erzählt: «Ich war im Bus und bemerkte, wie ein älterer Herr zwei Primarschülerinnen anbot, sie mit dem Auto nach Hause zu fahren. Es war klar, dass diese sich unwohl fühlten, aber niemand von den Erwachsenen im Bus nahm dies wahr. Die meisten hatten Kopfhörer auf und starrten aufs Handy.»

Was als Aufsteller des Tages gemeint war, hat mich traurig und wütend gemacht. Wenn Grenzüberschreitungen verhindert werden sollen, müssen alle mitmachen. Deshalb empfinde ich es als eine jämmerliche Bankrotterklärung, wenn man Kindern unter einem toll klingenden Namen eine Aufgabe aufbürdet, die Erwachsene übernehmen sollten. Es hat mich daran erinnert, wie eine unserer Töchter als Primarschülerin in einen schulinternen Kurs als «Streitschlichterin» gedrängt wurde und sich dabei überfordert fühlte.

Eher liegt eine Camel am Boden, als dass ein Raucher in den Himmel kommt.
Bild von Ivan Radic auf flickr.

Immerhin hat mich dieser Radiobeitrag bestärkt, mich selbst zu wehren, wenn jemand sich unangemessen benimmt. Schliesslich begegne ich fast täglich kleinen Rücksichtslosigkeiten: Zigarettenstummel werden achtlos auf den Boden geworfen, Schuhe auf den Polstersitzen platziert. Ich sage höflich aber bestimmt, dass ich das unfreundlich und egoistisch finde. Natürlich gibt es diejenigen, die sich nichts sagen lassen wollen und mich beschimpfen, aber viele fühlen sich ertappt, ändern ihr Verhalten oder lesen das, was weggeschmissen haben, sogar wieder auf.